Ein verwaister offener Grenzübergang…

 

ist das Beste, was einem Reisenden passieren kann!

Grenzen haben etwas Trennendes und Verbindendes zugleich, sie setzen einen Endpunkt und gleichzeitig einen Anfang. Das Vogtland ist seit jeher Grenzland zwischen Thüringen, Sachsen, Franken und Böhmen, aber auch Bindeglied zwischen den Kulturen der Bewohner der Grenzländer. Zu manchen Zeiten hatten diese Grenzen keinerlei Bedeutung im täglichen Leben, zu anderen Zeiten endete an ihnen in jeder Richtung und im wörtlichen Sinne die Welt.

 

Auf dem obigen Foto scheint die Abendsonne auf die verlassene Grenzübergangsstelle zwischen Promenhof/Broumov (CZ) und Mähring im Oberpfälzer Wald, etwas südlich von Eger/Cheb (knapp außerhalb des Vogtlandes). Kein Kontrolleur wartet auf den Reisenden, nicht diesseits und nicht jenseits der Grenze. Niemand fragt den Reisenden prüfenden Blickes nach dem Wohin. So möchte man es Goethe gleichtun, der auf dem Weg in sein geliebtes Marienbad auch durch das Vogtland reiste. Das oft zitierte Goethe-Wort trifft in jüngster Geschichte wie kein anderes großes Zitat auf die damalige innerdeutsche Grenze und ein geeintes Deutschland zu. Was den ungeöffneten Reisekoffer betrifft, auch auf unsere böhmischen Nachbarn und die ganze tschechische Republik:

 

"Mir ist nicht bange, daß Deutschland nicht eins werde; unsere guten Chausseen und künftigen Eisenbahnen werden schon das ihrige tun.

Vor allem aber sei es eins in Liebe untereinander! Und immer sei es eins gegen den auswärtigen Feind. Es sei eins, daß der deutsche Thaler und Groschen im ganzen Reich gleichen Wert habe; eins, daß mein Reisekoffer durch alle sechsunddreißig Staaten ungeöffnet passieren könne. Es sei eins, daß der städtische Reisepaß eines weimarischen Bürgers von den Grenzbeamten eines großen Nachbarstaates nicht für unzulänglich gehalten werde, als der Paß eines Ausländers. Es sei von Inland und Ausland unter deutschen Staaten überall keine Rede mehr.

Deutschland sei ferner eins in Maß und Gewicht, in Handel und Wandel und hundert ähnlichen Dingen, die ich nicht alle nennen kann und mag."

 

So sei es!

Die Bilder auf der Unterseite "Grenzland ohne Grenzen" sind im Vogtland und im nahen Erzgebirge entstanden. Manchmal zeigen die Fotos einfach nur Relikte der Geschichte, auf jeden Fall aber ein Spiegelbild der Zeit. Ohne daß er es wissen konnte, hat Johann Wolfgang von Goethe auch einem vereinten Europa vorgegriffen. Unser Dichterfürst sollte Recht behalten.